Der Morgen, als ich in dem Song "ALLES IN ALLEM" (Einstürzende Neubauten) versunken bin, war ein sonniger Tag im Mai 2020. Frühlingsduft lag in der Luft, das Rotkehlchen, das seit vielen Jahren in den Büschen vor unserem Haus wohnt, beobachtete mich aus sicherer Entfernung. Das helle Grün leuchtete intensiv durch das Licht der Sonne. Gespenstische Stille. Der Spielplatz gegenüber: menschenleer. Kein Kind war zu sehen, kein Lachen wie sonst zu hören, nur die Schaukel bewegte sich leise im Wind. Luft versetzt die Durchschlagzungen des Harmoniums in Schwingungen, unbeirrt und bestimmt fließt die Musik dahin, entfaltet vom ersten Moment an ihre suggestive Kraft. Ohne zu überlegen, greife ich nach dem Pinsel.
Auf den Song gezeichnet: "ALLES IN ALLEM" (II)
Pigmenttusche/Papier (2020)
70 x 50 cm
Zeit als Sollbruchstelle
3"23' - mehr Zeit habe ich nicht, um das Bild zu zeichnen. Der Pinsel folgt meinem Gefühl. Ein Fluss mit 5, 6 Inseln | Eine ist schon festgewachsen | Sperrt ihren Rachen auf - Gewissheiten lösen sich auf, mühelos überwindet der Song die unerschütterlichen Gesetze der Physik. Eine Wolke mit kleinen Augen | Hat sich abgelöst | Erdreste hängen ihr noch an Mehr und mehr werde Teil dieser amorphen Wirklichkeit. In der Unendlichkeit | Bin ich auch | Alles in allem | Unendlich oft vorhanden Schicht für Schicht entsteht mein Bild von ALLES IN ALLEM - gezeichnet auf den Song.
Eine Zustandsbeschreibung, ein Auflösungsprozess aus sich selbst heraus? Auf jeden Fall (für mich) die Überwindung von Grenzen. Die Zeichnung aus Pigmenttusche, reduziert und expressiv aufgetragen, suggeriert einen Gedankenhauch, ein flüchtiges Bild im Kopf. Keine Erklärung.
Ohne Titel
Indian Ink (2023)
35 x 55 cm
ohne Titel
Tusche/Papier (2023)
30 x 42 cm